Andreas Dorrer
Historiker sind sich größtenteils einig, dass die Besetzung deutscher Gebiete durch Napoleon am Anfang des 19. Jahrhunderts dem deutschen Nationalismus des 18. Jahrhunderts eine neue Richtung gab. Während die von Herder beeinflusste Idee der Kulturnation Deutschland noch als eine Art primus inter pares bei der kulturellen und humanistischen Weiterentwicklung Europas auffasste, bekam der deutsche Nationalismus unter der Fremdherrschaft Napoleons eine eindeutig politische Ausrichtung, wie zum Beispiel Fichtes Reden an die Nation (1807/08) verdeutlichen. Durch den Einfluss deutscher Literaten und Publizisten wie Ernst Moriz Arndt, Theodor Körner oder Heinrich von Kleist, kann diese Zeit auch als Geburtsstunde der Blut-und-Eisen-Mythologie gelten und der damit einhergehenden Militarisierung des deutschen Nationalismus. Diese Mythologie aber versandete nach der endgültigen Niederlage Napoleons und der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress nicht wieder, sondern bestimmte die Deutsche Identität vor allem im Geleit der kriegerischen Auseinandersetzungen im Zuge der Reichsgründung von 1871 und den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts. Der Vortrag wird die Entstehung und Entwicklung dieser so verhängnisvollen Variante des Nationalismus anhand von repräsentativen Texten aus dem frühen 19. Untersuchen, um dann dessen Ge- und Missbrauch zur Radikalisierung der Bevölkerung vor den beiden Weltkriegen zu beleuchten.